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["Jeder Wechsel bringt neue Lieder mit sich" - Rhein-Zeitung vom 2. Oktober 2001 von Jens Bednarek]

Shambelle legt im Herbst eine neue CD mit programmatischem Titel vor: "My New Horizon" - "Drum'n Pop"-Band sucht nach DJ und Plattenfirma

Seit 1994 gibt es die Mainzer Band Shambelle. Im Herbst kommt eine neue CD heraus. Ein Porträt der Gruppe.
Es gibt Songtitel, denen haftet etwas programmatisches an. So scheint Lemmy Kilmister in Motörheads "Deaf Forever" ("Taub für immer") die Folgen übermäßigen Hörgenusses seiner Band zu skizzieren, während Lou Reed mit "Heroin" den kreativen Haupteinfluss für die Platten von The Velvet Underground offenlegt. Auch unter den vier Tracks, die die Mainzer Band Shambelle für ihr nächstes, im Herbst erscheinendes Album fertig gestellt hat, findet sich ein solcher Liedname. "My New Horizon" nennt sich das Stück, das für die Entwicklung dieser "Drum'n Pop"-Band steht. Denn Stillstand sucht man in der Biografie der seit 1994 agierenden Formation vergeblich.

DJ Jons EisblumeGroß ist auch die personelle Fluktuation "Unser DJ, Jons Eisblume (s. Bild), ist ausgestiegen, um sich wieder verstärkt dem Hip-Hop zu widmen", berichtet Sängerin Uschi Mathes. Die Band sucht nun einen neuen Mann für die Turntables. Klaus Weis, der für Bass und Programmings zuständig ist und mit Mathes die kreative Doppelspitze der Gruppe bildet, nennt die Einstellungskriterien: "Er muss cutten und scratchen können. Mit Auflegen ist uns nicht geholfen." Dies wird klar, wenn man die neuen Lieder hört. Shambelle ist den Weg, der durch die letztjährige "Remixes"-CD bereits angedeutet wurde, weitergegangen. Musikalisch fallen besonders die im Gegensatz zum letzten Longplayer "Out of the Blue" weit vertrackteren, mit mehr Details gespickten Beats auf, die mitunter gar an Aphex Twin erinnern.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Nach wie vor ist Shambelles Musik eingängig und "Pop". Doch die Musiker verstehen es, mit abgefahrenen Elementen, seien es die erwähnten Beats, Weis' wilde Bassläufe oder Mathes' höchst wandlungsfähige Stimme, die Stücke so interessant zu gestalten, dass sie auch beim 50. Hören noch Überraschungen bieten.

Der Klang ist ebenfalls erneut einen Schritt besser. "Wir haben uns jetzt zu Hause ein eigenes Studio eingerichtet", erzählt der Basser, "so können wir unabhängiger arbeiten." Den Abgang von Eisblume nutzt die Band, um neue Horizonte zu erschließen. "Wir stecken in einer schönen Phase", ist Mathes nicht bange, "man hat immer die Chance, etwas Neues zu machen, wenn einer weggeht. Neue Leute bringen andere Impulse, das ist weniger anstrengend, als wenn Klaus und ich immer dafür zuständig sind." Anstatt die alten Lieder für die jeweils aktuelle Besetzung umzuarrangieren, schreiben die Musiker lieber neue Stücke für die neue Besetzung.

Mit der nächsten CD wird sich die Band dann einmal mehr auf die Suche nach einer Plattenfirma oder zumindest einem Vertrieb machen. "Dabei wäre uns ein kleines, aber engagiertes Label lieber", sagt Weis. Bislang fehle aber noch der zündende Kontakt - ein Umstand, an dem sich trotz des Gewinns des Musikförderpreises des Landes Rheinland-Pfalz im Vorjahr nichts geändert hat. "Eine Tour als Support für einen großen Act wäre eine feine Sache", wünscht sich der Bassist, "doch dafür brauchen wir die Unterstützung einer Plattenfirma, denn heute musst du dich bei solchen Tourneen einkaufen." Doch leider scheinen die Plattenbosse an einer Art Schizophrenie zu leiden, wie Weis glaubt: "Einerseits wollen alle etwas Neues, aber dann ist es ihnen zu neu, und sie haben Probleme mit der Kategorisierung." Alles hängt nicht daran: "Wir werden uns nicht umbringen, wenn es nicht klappt. Wir haben keine Rosinen mehr im Kopf", stellt Sängerin Uschi Mathes klar. "Wenn wir fünfzig sind, können wir auf die Platten zurückblicken und dann sagen, wir haben unser Ding gemacht."

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